Unsere Philosophie

… und praktizieren, bei der jeder im Dialog zu seiner jeweiligen Geltung gelangt und ernst genommen und angehört wird.

In der Anamnese, Eignungsdiagnostik und den Fähigkeitsanalysen soll es nicht nur um die chronologische und quantitative Erfassung von Fähigkeiten und Fertigkeiten, Krankheiten, von Plus und Minus im Lebenslauf, der Dauer oder Häufigkeit von Maßnahmen zur Rehabilitation oder Pflege gehen, sondern auch um die dahinterstehenden Aussagen, Schlussfolgerungen und der daraus entstehenden Möglichkeiten von personenzentrierten ressourcenorientierten Maßnahmen und Behandlungen. Das bedeutet, es ist nicht nur von Relevanz, wann der Betroffene welche Krankheit, welche Maßnahme zu welchen Kosten wo hatte, sondern es geht uns darum, zu erkennen, warum es zur jeweiligen Situation gekommen ist und welche Ressourcen der Betroffene nutzen kann, um wieder am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.

Dies wollen wir über die gemeinsame Reflexion mit den relevanten Systemen erreichen. Zu diesen zählen die Systeme der Krankenhäuser und Kliniken, der niedergelassenen Ärzte, der Einrichtungen (z. Bsp.: BBWen, WfbMs, Alten- und Pflegeheime usw.), der Sozialwelt (Krankenkasse, Pflegekasse, Beratungsstellen, RV), des Arbeitsmarktes (Jobcenter, Agenturen, Ministerien) und das System der Familie. Jeder von uns professionellen Dienstleistern muss seine eigene Rolle erkennen und seine Wirkung auf den Betroffenen möglichst offenlegen und reflektieren, damit alle Beteiligten an Spielräumen gewinnen.“


Die 6 Grundregeln der Rehabilitation bilden das fachliche Fundament unserer arbeitserzieherischen Dienstleistungen

1. Das Menschenbild

Die Rehabilitation umfasst den ganzen Menschen.

2. Das Recht auf Entfaltung der Persönlichkeit durch Arbeit

Jeder sollte, wenn irgend möglich, die Chance der Ausbildung und Persönlichkeitsförderung erhalten.

3. Einbeziehung der Betroffenen in einen Dialog des Handelns und der Reflexion

Es soll mit den Betroffenen, den Angehörigen und Professionellen eine Gesprächskultur entwickelt werden, bei der jeder am Tisch zu seiner jeweiligen Geltung gelangt. Es soll also jeder ernst genommen und auch angehört werden.

4. Zeitliche Dimension

In der Arbeitsanamnese geht es nicht um die chronologische Erfassung von Plus und Minus im Lebenslauf, sondern um die dahinter stehenden Aussagen der Innenwelt des Betroffenen. Das heißt es ist nicht von Relevanz wann der Betroffene wo gearbeitet oder nicht gearbeitet hat, sondern darum warum es zum Beispiel zum Verlust eines Arbeitsplatzes gekommen ist oder anders gesagt, welche inneren Prozesse haben sich beim Betroffenen abgespielt. Dies soll über die gemeinsame Reflexion erfolgen.

5. Einbeziehung der relevanten Systeme

Jeder Arbeitserzieher, jede pädagogische Fachkraft sollte seine eigene familienähnliche Rolle erkennen und ihre Wirkung auf den Betroffenen möglichst offen legen, damit alle Beteiligten Spielräume gewinnen.

Relevante Systeme

  • System der Werkstatt
  • System der Einrichtung
  • System der Sozialwelt
  • System des Arbeitsmarktes
  • System der Familie

6. Orte der Anschauung

Arbeitsorte sollen in der Rehabilitation so realistisch wie möglich sein, also im Sinne der heutigen Arbeitswelt. Dies bedeutet das Rehabilitation auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt stattfinden sollte. Dies kann in Form von Praktika geschehen.


Ziele und Methoden zur Vorbereitung

Unsere Unterstützungsleistung bzw. Persönlichkeitsförderung basiert auf den wissenschaftlich anerkannten Methoden und Zielen von Wolfgang Brezinka, von Jaqueline Aernout und Michael Brater und nutzt standartisierte Werkzeuge zur Analyse.

Pädagogische Erziehungsziele zur Rehabilitation nach Brezinka

Wolfgang Brezinka ist ein deutsch-österreichischer Erziehungswissenschaftler. Er war Professor für Pädagogik an der Pädagogischen Hochschule in Würzburg sowie an den Universitäten Innsbruck und Konstanz. Brezinka promovierte 1951 an der Universität Innsbruck und habilitierte sich dort 1954. Er lehrte an der PH Würzburg (o. Prof. 1958 und o. Prof. 1959) sowie den Universitäten Innsbruck (1960–1967) und Konstanz (1967–1996). Seine Forschungstätigkeit führte ihn 1957–1958 an die Columbia University sowie die Harvard University. 1983 und 1990 war er Gastprofessor an der Philosophisch-Theologischen Hochschule in Brixen (Italien), 1984 nahm er eine Gastprofessur an der Universität Fribourg in der Schweiz wahr, 1985 war er als Gastprofessor an der University of South Afrika in Pretoria tätig. Er gehört zu den Vertretern einer empirisch-analytischen Erziehungswissenschaft bzw. einer wissenschaftlichen Pädagogik.

Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki/Wolfgang_Brezinka 13.04.2015 19:20Uhr

Mit dem Blick auf diese übergeordneten Ziele soll erreicht werden, dass unsere TN und Beschäftigten ein inkludierter Teil der Gesellschaft werden können. Während J.Aernout und Brater den Weg dorthin beschreiben, gibt Brezinka hier eine Richtung vor, die wir voll anerkennen und uns danach in unserem Handeln ausrichten.

Vertrauen zum Leben und zur Welt

Das Vertrauen zum Leben und zur Welt bildet das erste Erziehungsziel bzw. Rehabilitationsziel. Ein solches Vertrauen ist vergleichbar mit der religiösen Dimension des Gottvertrauens bzw. dem psychologischen Begriff des Urvertrauens. Ein Fehlen solchen Vertrauens zieht Angst, Mutlosigkeit und Zweifel als Grundkonstanten des Lebens nach sich.

Die Basis dieser Art des Vertrauens ist zum größten Teil emotional gebildet durch liebevolle Zuwendung seitens der Eltern, Harmonieerleben im Elternhaus, aber auch in der Hilfe der Eltern bei der Deutung und Wertung des Lebens.

Bereitschaft zur Selbsterhaltung durch eigene Anstrengung

Dieses Erziehungsziel bzw. Rehabilitationsziel folgt dem Ideal, dass jeder Mensch sich durch Arbeit seinen Lebensunterhalt sichern können sollte. Brezinka meint dies nicht im Sinne des Rechtes auf Arbeit, sondern als verantwortliche Verpflichtung jedes Menschen, für sich selbst bzw. für andere zu sorgen, soweit er nicht durch seinen Entwicklungsstand – als Kind – oder durch Alter oder Gebrechlichkeit selbst Gegenstand der Sorge anderer sein Muss.

Der tatkräftige Jugendliche und Erwachsene darf nicht ohne Not auf Kosten anderer leben. Auf eine so geartete Haltung soll in der Kindheit bereits die spielerische Erziehung abzielen, in der das Kind altersgemäße Aufgaben zu übernehmen lernt.

Realistisches Welt- und Selbstverständnis

Ein realistisches Welt- und Selbstverständnis setzt sich aus den beiden Faktoren Grundwissen über die Welt und sich selbst und Grundhaltung gegenüber der Welt im Sinne von Wirklichkeitssinn, Sachlichkeit, Klugheit und Nüchternheit zusammen. Es bedeutet unter anderem die Wahrnehmung von Grenzen, die das Kind davor schützen soll, sich in unrealistische Traumwelten und Utopien zu versteigen. Der Weg zu diesem Welt- und Selbstverständnis führt über die Ermöglichung von Naturerfahrungen, die Herstellung nützlicher Dinge, Anleitung zu selbständigem Denken und auch über das Erfahren und die Auseinandersetzung mit Ernstsituationen wie Leiden und Tod.

Kultur des Herzens

Hiermit soll die emotionale oder Gemütsbildung umschrieben sein als der Bereich, der jenseits des rationalen Denkens verortet wird. Im Zentrum dieses Erziehungsziels steht die Entwicklung des Gefühlslebens und der Liebesfähigkeit des Menschen. Kultur des Herzens erscheint einerseits in seinen höheren Interessen, in der Qualität der mitmenschlichen Beziehungen aber auch in kulturellen Bindungen an eine Religion oder Heimat und Volk, andererseits spiegelt diese Kultur Haltungen wider, die man als ästhetische Ansprechbarkeit in allen Lebensbereichen beschreiben kann.

Den Weg zur Kultur des Herzens weisen die Eltern vor allem durch den Stil ihres Umgangs miteinander und gegenüber der Familie. Dies beschreibt zumeist kein direktes, sondern ein eher beiläufiges Lernen am gemeinsamen Leben.

Hervorzuheben ist bei diesem Erziehungs- bzw. Rehabilitationsziel die Vermeidung der heute oft anzutreffenden Reizüberflutung, die Brezinka im Zusammenhang mit seelischer Verlassenheit und Liebesentzug nennt. Statt mit Bildern des Bösen und hässlichen gelte es, das Gemüt mit wertvollen, schöpferischen Inhalten zu füllen.

Selbstdisziplin

Als letztes Erziehungsziel/Rehabilitationsziel im Rahmen der Familie nennt Brezinka Selbstdisziplin. Sie ist nötig, um anthropologischen Grundkonstanten wie Triebhaftigkeit, Gier und Egoismus etwas entgegensetzen zu können. Der Mensch ist auf soziale Kontrolle und auf Selbstkontrolle angewiesen. Selbstdisziplin schließt dabei die Bereitschaft zur Erfüllung von Pflichten, Verantwortungsbewusstsein und auch Belastbarkeit bei Enttäuschungen mit ein.

Als eine der zentralen Aufgaben der Eltern bei diesem Erziehungsziel nennt Brezinka die Hilfe bei der Kultivierung der sexuellen Antriebe und erotischen Beziehungen, deren normative Bewertung derzeit unter einer großen Verunsicherung leidet.

Gemeinsinn 

Das Ziel ist die Heranbildung des Gemeinsinns. Gemeint ist damit das Verantwortungsbewusstsein gegenüber allen Gruppen der Gesellschaft, denn damit schaffen wir einen Schutz vor den negativen Auswirkungen des modernen Pluralismus. Die Achtung vor Minderheiten, Andersdenkenden, sowie die Kompromissbereitschaft stehen im Mittelpunkt. Patriotismus Das Erziehungsziel des Patriotismus soll ein gesundes Maß zur nationalen Identität herstellen. Es soll ein Mindestmaß an Opferbereitschaft für den Staat erreicht werden und gleichzeitig ein Gefühl der Geborgenheit aufgebaut werden. Ein besonderes Augenmerk ist hierbei darauf gerichtet, das es nicht zu einer nationalen Selbstüberschätzung kommt.


Rehabilitation zur Arbeit

Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung nach J. Aernout

Wer war Jacqueline Rudolphine Aernout?

Jacqueline Rudolphine Aernout, geboren 1927, studierte Gesellschaftswissenschaften und spezialisierte sich auf Gruppenarbeit. Sie führte in den Niederlanden die Ausbildung in Arbeitstherapie ein und leitete sie bis zu Ihrem Ruhestand 1982. Sie entwickelte anhand der niederländischen Situation der Psychiatrie und Psychohygiene eine praxisorientierte sozialpsychiatrische Konzeption von Arbeitstherapie, wie sie bisher in der BRD fehlte: Arbeit als Therapie, ihre Bedeutung in der therapeutischen Kette, die Probleme arbeitstherapeutischen Handelns, Fallbeschreibungen, Aufgaben der Therapeuten, Berufsbild und -zukunft – verständlich und umfassend dargestellt.

Was ist das Ziel der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung nach J. Aernout?

Ziel ist es den TN/ Beschäftigte nach seinen Fähigkeiten in die Arbeit zu integrieren. Die Eingliederung und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Der Klient soll wieder einen Realitätsbezug bekommen und zwischenmenschliche Kontakte haben. Er soll wieder ein Gefühl der Zugehörigkeit entwickeln. Er soll das Gefühl haben etwas geleistet zu haben und materiell unabhängig zu sein. Der Klient soll auf seinen zukünftigen Arbeitsplatz und die gesellschaftliche Integration vorbereitet werden. Er soll sich durch die Aneignung von Fähigkeiten im kognitiven Bereich, im sozialen Bereich, im individuell angestrebten Arbeitsbereich, im psychomotorischen Bereich, im Bereich der Kulturtechniken und der Kommunikation qualifizieren.

Für welche Klientel ist die Arbeitstherapie/ Arbeitstherapie nach J. Aernout geeignet?

Indikation: psychisch kranke Menschen, leicht geistig behinderte Menschen

Was ist Arbeit?

Definition:

Arbeit ist eine Aktivität oder Tätigkeit die im Rahmen einer bestimmten Aufgabe entfaltet wird und zu einem materiellen oder immateriellen Arbeitsergebnis führt, das in einem Normensystem bewertet werden kann. Sie erfolgt durch den Einsatz von körperlichen, geistigen und seelischen Kräften des Menschen und dient der Existenzsicherung.

Wo steht der Arbeitserzieher bzw. die pädagogische Fachkraft?

Der Arbeitserzieher handelt nur auf Auftrag oder Antrag des TN/ Beschäftigte. Er geht eine funktionelle Beziehung zum TN/ Beschäftigte ein. Er hat eine hohe Vorstellung der Behandlung. Er beherrscht den Rollenwechsel innerhalb des arbeitstherapeutischen und arbeitserzieherischen Prozesses. Er wendet die Standards an und hat ein hohes Fachwissen über die pädagogischen, psychischen und therapeutischen Prozesse. Er arbeitet interdisziplinär und ist in der Lage Aufgaben die nicht seiner Qualifikation oder Aufgabenbereich entsprechen an qualifizierte bzw. dafür vorgesehene Mitarbeiter aus dem Interdisziplinären Team abzugeben. Der Arbeitserzieher/Gruppenleiter kann sich und sein Handeln reflektieren.

Die Prinzipien und Prämissen der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung

Aufbauend oder auch basierend auf den Grundregeln der Rehabilitation ist die Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung noch weiter spezifiziert, um einen hohen Grad an Vorstellung und Planbarkeit zu bekommen.

Prinzipien der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung

Damit wir gezielt, mit einer möglichst genauen Vorstellung der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung vorgehen können, müssen immer wiederkehrende Prozessmerkmale beachtet werden.
Die Prinzipien der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung, beziehen sich also auf den arbeitstherapeutischen/ arbeitserzieherischen Prozess der Arbeit, der möglichst objektiv und geplant ablaufen soll.

• Prinzip der Planmäßigkeit
• Prinzip der hohen Vorstellung vom Ablauf der Rehabilitation
• Prinzip der Beachtung der immer wiederkehrenden Prozessmerkmale der Arbeit mit Dokumentation
• Prinzip der optimalen Stimulierung
• Prinzip der gestuften Rehabilitation
• Prinzip des gestuften Lernens
• Prinzip der optimalen Anpassung

Prämissen der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung

Die Prämissen der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung beschreiben die wichtigsten Merkmale eines Arbeitserziehers/ pädagogischen Fachkraft, wenn dieser professionell arbeiten will.

• Der Arbeitserzieher/-in, die päd. Fachkraft arbeitet nur auf Auftrag und Antrag.
• Sie geht dabei eine funktionelle Beziehung zum TN/ Beschäftigten ein
• TN/ Beschäftigter gibt das Ziel vor
• und dokumentiert sein Handeln

Die 5 Säulen der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung

Die Phasierung beruht auf der Überlegung von J. Aernout den arbeitstherapeutischen Prozess unter der Berücksichtigung der Prinzipien und Prämissen zu gestalten. Hierzu hat Sie wiederum Überlegungen angestellt und dem Phasierungsraster ein Standardisierungsmuster oder anders gesagt ein Fundament oder auch Säulen gegeben, die dieses Phasierungsraster trägt oder stützt. Die Überlegungen von J. Aernout sind nichts anderes, als die Zuordnung der Prämissen und Prinzipien in ein objektives veranschaulichendes System.

1. Ziel der Arbeit

Dies bedeutet, dass ich mir bewusst sein muss, wenn ich eine Arbeit aussuche, dass sie der Definition von Arbeit entspricht. Sie muss folgende Elemente enthalten:

• für Dritte sein
• sinnvoll sein
• zweckmäßig sein

2. Ausrichtung der Arbeit

Dies bedeutet, dass die Arbeit produktionsorientiert und aktionsorientiert sein soll. Es ist eine Balance zwischen den Produktionsforderungen und der arbeitstherapeutischen Zielsetzung zu halten, dies ist die Hauptaufgabe der Arbeitstherapie/ Arbeitserziehung.

• aktionsorientiert
• produktionsorientiert
• beinhaltet therapeutische/ erzieherische Handlungen

3. Zielsetzung der Behandlung

Dies bedeutet, dass die Zielfindung, Zielsetzung und Behandlung individuell für den TN/ Beschäftigte gemeinsam erarbeitet werden muss.

• individuelle Zielsetzung
• gemeinsame Erarbeitung eines Behandlungsplanes

4. Einführung ins Leben

Dies bedeutet, dass wir dem TN/ Beschäftigte helfen sollen eine für Ihn passende (individuelle) Arbeit zu finden, die seinen Fähigkeiten entspricht. Zudem soll er mit unserer Hilfe ins normale Leben individuell eingepasst werden.

• individuelle Einführung ins soziale Leben
• individuelle Auswahl der Arbeit nach Fähigkeiten des TN/ Beschäftigte

5. Anwendung der Standards

Dies bedeutet, dass der Arbeitserzieher/-in, die pädagogische Fachkraft die ihm geläufigen Standards beherrscht und anwendet.
Hierzu zählen:

• Diagnostik
• Zielfindung
• Prognose
• Fördermaßnahmen
• Verlaufsdiagnostik

Das Phasierungsraster

Das Phasierungsraster ist der gestufte arbeitstherapeutische/ arbeitserzieherische Prozess unter Berücksichtigung aller Prämissen, Prinzipien und Regeln der Arbeitstherapie.

Eingangsphase (Phase 1) Orientierung intern

• Aufnahmegespräch (Einbeziehung aller Betroffenen in den Prozess der Reflexion und des Handelns.
• Arbeitsanamnese (Zeitliche Dimension), IQ-Test, Hobbys, Krankheitsverlauf, Arbeitserprobung, Ida
• Beschäftigung mit Arbeitscharakter
In dieser Phase muss genau auf die Auswahl der Arbeit geachtet werden. Sie muss die nachfolgenden Charakteristika haben und sollte so realistisch wie möglich sein (Ort der Anschauung). Es muss ein großes Arbeitsreihenangebot vorhanden sein, um den Betroffenen in einer Vielzahl von Tätigkeiten beobachten zu können und um dem Betroffenen auch etwas anbieten zu können was seinen Interessen entspricht. Die Arbeit muss einen Start und Endpunkt haben.

Die Arbeit muss Anforderungen an die üblichen Arbeitsnormen beinhalten wie:

• Start und Ende
• Tempoanforderungen
• Qualitätsanforderungen
• Quantitätsanforderungen
• usw.

In dieser Phase werden mittels eines standardisierten Analyseverfahrens (Afa/Fa/Profilvergleich) die Fähigkeiten des TN/ Beschäftigten ermittelt. Als besonders geeignet hat sich Melba erwiesen, da bei Melba die Afa und Fa kompatibel sind und somit einen Profilvergleich zulassen. Zudem ist Melba SL auf Arbeit und feinste Veränderungen der Fähigkeiten ausgerichtet und beinhaltet 29 Merkmale in 5 Gruppen. Diese Gruppen sind geteilt in kognitiven Merkmale, die sozialen Merkmale, Merkmale bei der Arbeitsausführung, psychomotorische Merkmale und Merkmale der Kulturtechniken/ Kommunikation. Zur Objektivierung nutzt Melba einen Definitionskatalog der jeden Profilwert beschreibt und stellt Hilfsfragen zur Verfügung, um die Fähigkeit genauestens einordnen zu können.

Arbeitstherapeutische Phase (Phase2) Erstellung des persönlich-individuellen Einarbeitungsplanes

In dieser Phase werden dem TN/ Beschäftigte nun die Möglichkeiten bewusstgemacht und mit ihm gemeinsam realistische, messbare und beobachtbare Ziele besprochen und festgelegt (Selbst- und Fremdeinschätzung). Auch die Einarbeitung und deren Ablauf werden gemeinsam mit dem TN/ Beschäftigte besprochen und individuell festgelegt. Nach der Zielsetzung, der Planung der Einarbeitung, der Persönlichkeitsentwicklung, wird eine Prognose erstellt und ein Termin für eine Verlaufsdiagnostik festgelegt. Wichtig ist das alle Beteiligten mit einbezogen werden.

• Gemeinsame Zielsetzung mit allen Beteiligten
• Gemeinsame Erstellung eines Einarbeitungsplanes
• Gemeinsame Erstellung einer Prognose
• Gemeinsame Terminierung eines Mitarbeitergespräches (führt zur Neusetzung von Zielen)
• Realistische Ziele die messbar und beobachtbar sind vereinbaren

Arbeitstraining (Phase 3) Berufsausbildung/ Einarbeitungsphase

Im Arbeitstraining/ der Einarbeitungsphase bzw. der Berufsausbildung, sollen nun die gemeinsam festgelegten Ziele erreicht werden. Die Fähigkeiten sollen stabilisiert werden. Die bisherigen Fähigkeiten sollen über einen längeren Zeitraum abrufbar sein, die Ressourcen des betroffenen sollen gestärkt werden und neue Fähigkeiten erlernt werden. Dies wird mit einer leichten Überforderung im gestuften Einarbeitungsplan erreicht.
Ziele könnten zum Beispiel sein:

• Das Einhalten von Arbeitsnormen sein oder
• das Sozialverhalten oder
• das Erlernen von arbeitsspezifischen Tätigkeiten

Die Mittel die der Arbeitserzieher/-in unterstützend einsetzen kann sind:

• Lob
• Ermutigung
• Anleitung
• Korrektur
• Regelmäßige Bewertung der Arbeit (Arbeitsgespräche)
• Verstärkung

Rehabilitation Endphase (letzter Schliff)

In dieser Phase soll der Betroffene zwar noch im geschützten Rahmen arbeiten, aber er soll die Arbeitsrealität erleben, nachdem wir festgestellt haben, dass der Betroffene diese Fähigkeiten schon hat, aber sie bisher nur im Arbeitstraining angewendet hat. Die Förderung und letzte Vorbereitung auf die reale Arbeitswelt oder den Arbeitsbereich wird in der Reha Endphase erreicht, indem folgende Anforderungen an ihn und an den Arbeitserzieher/-in gestellt werden.

Anforderungen an den TN/ Beschäftigten

• Der TN/ Beschäftigte soll die Arbeit nicht mehr unterbrechen
• Arbeitsnormen müssen kontinuierlich eingehalten werden
• Der TN/ Beschäftigte soll selbstständig Entscheidungen in seinem Arbeitsbereich fällen
• Er soll Sicherheit bekommen, da er den Ablauf und die Anforderungen der Realität üben und wiederholen soll

Anforderungen an den Arbeitserzieher/-in bzw. die pädagogische Fachkraft

• Der Arbeitserzieher/-in muss einen Rollenwechsel vornehmen können
• Er muss vom Arbeitserzieher zum Vorgesetzten ohne therapeutische Handlungen werden

Ergänzend zum Arbeitstraining gehören interne, sowie externe Praktika, um gelerntes Verhalten in die Praxis umzusetzen.

 

Persönlichkeitsförderung durch Arbeit

Arbeit als Mittel der Rehabilitation zur Persönlichkeitsförderung nach Michael Brater.
Michael Brater studierte Soziologie, Philosophie und Psychologie in München und Berlin. Danach forschte und lehrte er von 1971 bis 1980 als Wissenschaftlicher Angestellter am Institut für Soziologie der Universität München und im Sonderforschungsbereich 101, Erarbeitung der „subjektbezogenen Theorie der Berufe. 1980 mitbegründete er die Gesellschaft für Ausbildungsforschung und Berufsentwicklung. 1984/1985 war er Lehrbeauftragter an der Universität Paderborn und maßgeblich an der Qualitätssicherung und -entwicklung in sozialen und pädagogischen Einrichtungen beteiligt. 1998 gründete er die Zertifizierungsstelle SocialCert GmbH mit. Seit 2007 ist er Professor für Berufspädagogik und Kulturpädagogik (Fachbereich Kulturwissenschaft) und Leiter des Instituts für Kunst im Dialog an der Alanus Hochschule für Kunst und Gesellschaft mit umfassenden Tätigkeiten im Forschungs-, Beratungs- und Weiterbildungsbereich.

Was ist das Ziel und die Aufgabe?

• Der Teilnehmer soll seine inneren persönlichen Prozesse stabilisieren
• Der Teilnehmer soll wieder einen Platz in der Gesellschaft finden, damit ihm das Zusammenleben mit anderen wieder möglich ist
• Der Teilnehmer soll wieder eine neue Lebensperspektive entwickeln
• Der Teilnehmer soll sich selbst wahrnehmen und sich selbst akzeptieren
• Der Teilnehmer soll lernen seine Krankheit an zu nehmen und mit Rückfällen umgehen können
• Der Teilnehmer soll seine Gewohnheiten, Gefühle und sich selbst wieder kontrolliert und bewusst wahrnehmen
• Der Teilnehmer soll wieder in tragende gesellschaftliche Zusammenhänge integriert werden.

Die Rehabilitation nach Brater zielt also auf die Persönlichkeitsentwicklung ab.

Die Rehabilitation ist:

• Individuell – Die Ziele werden individuell ermittelt und angepasst
• Personenzentriert – Die persönliche Entwicklung steht im Vordergrund

Demnach haben wir also kein Reha-Ziel bei dem es gilt vorher festgelegte Fähigkeiten für eine Tätigkeit zu erlernen, sondern bei der Rehabilitation nach M. Brater wird die Arbeit nur als Mittel zur Rehabilitation genutzt. Welche Arbeit zur Rehabilitation genutzt wird ist zweitrangig. Die Persönlichkeitsentwicklung steht im Vordergrund und soll durch Arbeit erreicht werden.

Rehabilitation durch Arbeit

Nach Braters Überlegungen gibt es bestimmte Voraussetzungen für selbstständiges Handeln, dazu muss man sich den Menschen als Ganzes anschauen. Die Prozesse die hierfür zusammenspielen müssen, sind:

• Ich-Impulse
• Innerseelische Kräfte und Motive
• Funktionelle Voraussetzungen
• Körperliche Merkmale

Ich-Impulse als Voraussetzung für die selbstständige Handlungssteuerung
Bei den Ich-Impulsen geht es im übergeordneten Sinne um die Identität wie:

• Selbstwahrnehmung
• Individualität
• Selbstwirksamkeit erfahren haben
• sich selbst Ziele stecken können
• selbstständig Prozesse beeinflussen oder verändern können
• sich selbst Aufgaben geben können
• Autonomie

Rehabilitation der Ich-Impulse

Die Rehabilitation der Ich-Impulse bedeutet seine eigene Identität wieder zu erleben, wieder ein realistisches Welt- und Selbstbild zu entwickeln. Es bedeutet auch seine innere Kraft wiederzufinden und sich überhaupt wieder mit irgendwas identifizieren zu können.
Hier müssen Situationen geschaffen werden, die die Ich-Impulse hervor locken. Es muss also dafür gesorgt werden, dass der Betroffene die Ich-Impulse wahrnimmt. Es kann nicht von außen geschehen.

Innerseelische Kräfte und Motive als Voraussetzung für die selbstständige Handlungssteuerung

Bei den innerseelischen Kräften geht es um die unbewussten, zum Teil träumend oder auch zum Teil ins Bewusstsein durchgedrungenen inneren Kräfte die den Menschen beeinflussen, wie z. Bsp:

• Gefühle
• Empfindungen
• Lust
• Unlust
• Triebe
• Instinkte
• Leidenschaft
• Sympathie
• Antipathie
• Erlebnisse
• Werte
• Normen
• Soziales Verhalten

Rehabilitation der innerseelischen Kräfte und Motive

Die Rehabilitation der innerseelischen Kräfte und Motive betrifft die Stärkung der Selbstdisziplin und Selbstbeherrschung (Konzentration, Durchhaltevermögen, Pünktlichkeit, Belastbarkeit, etc.), sowie die sozialen Fähigkeiten, der Betroffene soll wieder den Umgang mit anderen erlernen, damit er wieder in tragende gesellschaftliche Zusammenhänge integriert werden kann. Der affektive Bereich soll wiederkontrolliert werden können.

Funktionelle Vorgänge als Voraussetzung für die selbstständige Handlungssteuerung

Bei den funktionellen Vorgängen geht es um die unbewussten Handlungen eines Menschen. Eigentlich dienen Sie der Erleichterung des Lebens, so brauchen wir nicht über jeden einzelnen Schritt nachdenken den wir tun. Funktionelle Vorgänge können aber auch hinderlich sein, da sie schwer zugänglich sind (unbewusste Handlungsimpulse). Meistens werden wir erst darauf Aufmerksam wenn ein Hindernis, Widerstand oder Situation auftritt, bei dem die unbewussten Handlungsimpulse uns hindern.

• Gewohnheiten
• das typische an einer Person
• Temperament
• Denkmuster
• Zeitbewusstsein

Rehabilitation der funktionellen Vorgänge

Die Rehabilitation der funktionellen Vorgänge bedeutet einerseits nicht koordinierte und nicht steuerbare Handlungsimpulse ab zu trainieren und andererseits gestörte funktionelle Vorgänge wiederherzustellen. Hierzu zählen z.B. Fehler beim Sprechen, durch falsch antrainierte Aussprache (Logopädie) oder die Wiederherstellung von räumlicher und zeitlicher Orientierung. Schlechte Gewohnheiten werden abtrainiert und neue gute Gewohnheiten antrainiert.

Körperliche Voraussetzungen als Voraussetzung für die selbstständige Handlungssteuerung

Bei den körperlichen Voraussetzungen geht es darum, zu schauen, ob die biologische Funktionalität gegeben ist. Je nach der stofflichen Gegebenheit des Körpers, können die Ich-Impulse umgesetzt oder auch nicht umgesetzt werden. Um verschiedenste Tätigkeiten ausführen zu können benötigt man z. B.:

• Arme
• Beine
• Sehkraft
• etc.

Rehabilitation der Körperlichen Voraussetzungen

Die Rehabilitation der körperlichen Voraussetzungen bedeutet, dass die körperliche Leistungsfähigkeit so gut wie möglich wiederhergestellt wird. Körperschäden müssen behandelt werden, oder technische Hilfsmittel bereitgestellt werden. Z. B. eine Brille wenn der Betroffene schlecht sieht, oder Zahnersatz, oder einen Rollstuhl, oder einen Rollator, etc.

Verhaltensbeeinträchtigungen nach Brater

Die auftretenden Polarisierungen der Betroffenen nennt M. Brater Verhärtungs- bzw. Aufweichungstendenzen der vier Handlungsebenen der selbstständigen Handlungssteuerung, die sich in eine Skala bringen lassen. So kann man den Handlungsschichten die tendenzielle Polarisierung zuordnen und durch eine Gewichtungsskala in einem Profilbogen darstellen.

Betrachtungsweise der Arbeit „Das Was der Arbeit“

Das „Was“ der Arbeit beschreibt Brater als das Sachlich Richtige was getan werden muss. Hierzu stuft Brater eine Arbeit in 8 Stufen, die jeweils verschiedene Anforderungen an die 4 Schichten der Handlungssteuerung stellen. Beim Entdecken einer Tätigkeit werden andere Fähigkeiten und innere Prozesse angesprochen als beispielsweise bei der Ausführung.

Die 8 Arbeitsstufen nach Brater

1. Entdecken
Bedeutung für die Rehabilitation

• von sich selbst loskommen und sich anderen und anderem zuwenden
• nichts ausspinnen, sondern die Realität wahrnehmen
• realistische Selbsteinschätzung (verstehe ich die Arbeit, kann ich die Aufgabe bewältigen?)
• sich für etwas engagieren, das für andere ist
• soziale Verabredungen einhalten
• sich selbstständig in einer ungewohnten, unbekannten Situation zurechtfinden

2. Planen
Bedeutung für die Rehabilitation

• systematisch und umfassend Denken
• gedankliche Flexibilität
• übersichtlich, strukturiert, planvolles Vorgehen
• Denken vor dem Handeln, als Selbstbeherrschung und Selbstkontrolle Mittel der
• Handlungsorientierung

3. Sich entschließen
Bedeutung für die Rehabilitation

• Gedankenverbindlichkeit, Realitätsgehalt der Gedanken erfahren
• Sich aus dem intensiven Denk und Planungsprozess lösen und mit deren Unsicherheit und der Unabgeschlossenheit leben
• Entschlüsse fassen
• Selbstüberwindung
• Den richtigen Zeitpunkt finden sich zu lösen um ins tun zu gehen

4. Ausführen
Bedeutung für die Rehabilitation

• sich in Bewegung bringen (bewusster Umgang mit dem Körper und Steigerung der Verfügbarkeit dereigenen körperlichen Ressourcen)
• Überwindung körperbezogener Empfindlichkeiten und Bedürfnisse, mehr Belastbarkeit
• Stärkung der rhythmischen Prozesse
• Gefühls-, Willens- und Denkkontrolle, vorher Gedachtes muss praktisch geprüft werden
• Selbstbeherrschung über alle Ebenen
• Fähigkeit der wechselseitigen Orientierung

5. Prüfen
Bedeutung für die Rehabilitation

• Konzentration
• Wachheit aufrecht erhalten
• Kontrolle über das eigene tun haben
• Reflexion, Klärung und Objektivierung des Gefühlslebens
• Die Wahrnehmung schärfen und objektivieren
• Selbstkritisch sein
• Kritik annehmen können

6. Korrigieren
Bedeutung für die Rehabilitation

• erneute kognitive Leistungen
• Intensivierung des Sachbezuges, der Sachorientierung, das Zurückstellen persönlicher Aspekte
• sich selbst in Frage stellen und auch einer Entscheidung revidieren können
• sich selbst „von außen“ betrachten im Lichte eines objektiven Maßstabs

7. Abschließen
Bedeutung für die Rehabilitation

• Innere Prozesse und Steuerungen den Äußeren Erfordernissen, Gesetzen und Regeln unterordnen können
• Durchhalten und loslassen
• Selbst über das Ausmaß seines Engagements entscheiden
• Opferbereitschaft und Entsagung als Bestandteil von Entscheidungsfreiheit kennen lernen

8. Auswerten
Bedeutung für die Rehabilitation

• Kognitives Wiederholen (lernen)
• Anerkennung des Arbeitsergebnisses
• Aufarbeitung des vergangenen Arbeitsprozesses als Lernprozess
• Akzeptanz der eigenen Biographie und Anerkennung der eigenen Lebensgeschichte
• Aufbau einer stabilen Haltung sich selbst und seiner Krankheit gegenüber
• Das eigene Schicksal annehmen

Das „Wie der Arbeit“

Beim „Wie der Arbeit“ geht es ums Arrangement der Arbeit, denn nicht nur das was, also die sachlichen Anforderungen zählen, sondern auch die Gestaltung der Arbeit. Brater beschreibt die wesentlichen Einflussgrößen der Gestaltung der Arbeit:

Das Arbeitsarrangement

Formalisierung

Gibt an welche Vorgaben und Regeln für die Arbeit gelten. Die Formalisierung bestimmt die Handlungs- und Entscheidungsspielräume. Fördert im Besonderen die Selbstständigkeit und die Selbstverantwortung.

Arbeitsteilung

Gibt an wie die Arbeitsteilung aussieht und fördert im Besonderen die sozialen Fähigkeiten. Die Arbeitsteilung bestimmt den Kooperationsspielraum im Wesentlichen.

Technologie

Gibt an welche technischen Mittel eingesetzt werden bei der Arbeit und hat damit direkten Einfluss auf die Formalisierung und die Arbeitsteilung. Abschließend lässt sich sagen, dass je geringer die drei Merkmale ausgeprägt sind, desto höher sind die Anforderungen an den Betroffenen.